Ich freue mich, meine Interviewreihe „Fragen zur Kunst“ an Menschen aus dem Kunst- und Kulturbereich mit dem sympathischen Künstlerduo Hanakam & Schuller starten zu können. Seit meiner ersten Begegnung mit den beiden faszinieren mich insbesondere ihre Arbeiten an der Schnittstelle zur angewandten Kunst, wie etwa die Möbelobjekte in Form verschiedener Tortenstücke oder ihre Glasentwürfe für J. & L. Lobmeyr. Als Liebhaberin barocker Porzellanfiguren finde ich selbstverständlich auch ihre Fotoarbeiten mit Acryltusche ausgesprochen spannend.
Portrait Hanakam & Schuller mit J. & L. Lobmeyr Poculum © VIENNA DESIGN WEEK/Kollektiv Fischka/Kramar, 2018
Roswitha Schuller (geb. 1984 in Friesach) studierte Kunst- und Designpädagogik sowie Bildhauerei und Multimedia an der Universität für Angewandte Kunst und am Institut für Kunst- und Kulturwissenschaft in Wien. 2019/20 hatte sie einen Lehrauftrag am IKA der Akademie der Bildenden Künste.
Markus Hanakam (geb. 1979 in Essen) begann sein Studium im Fachbereich Kunst und Design an der Universität Essen. In Wien studierte er ebenfalls an der Angewandten Kunst- und Designpädagogik und Bildhauerei und Multimedia. Seit 2004 arbeiten Hanakam & Schuller als Duo zusammen, beteiligen sich an zahlreichen Ausstellungen und Festivals (z. B. Haus der Kulturen der Welt/Berlin, Palais Tokyo/Paris, MAK Wien, MAK Center for Arts and Architecture/Los Angeles) und sind international als Kuratoren tätig. 2019 wurden ihre Arbeiten in Einzelausstellungen im Kunstraum Lakeside in Klagenfurt und im Muzej-Museo Lapidarium Novigrad gezeigt.
Liebe Roswitha, lieber Markus,
wie und wo lasst ihr euch für eure Kunst inspirieren?
An allen möglichen physikalischen und virtuellen Orten. In Wien immer wieder gerne im MAK und den verschiedenen Museen des KHM Verbunds. Selbstverständlich auch in den zeitgenössischen Galerien, da finden wir neben den Klassikern, wie den Galerien in Seilerstätte, Eschenbachgasse und Schleifmühlgasse jüngere Räume spannend, wie Neulich in Hernals, Zeller van Almsick und Gianni Manhattan, um nur einige wenige zu nennen. Außerhalb von Wien sind wir regelmäßig im Veneto und Istrien unterwegs und sehen uns die historische Villenarchitektur und lokale kunst- und kulturgeschichtliche Museen an. Inspiration finden wir aber auch in verschiedenen Computerspielwelten und Virtual Reality, wobei sich das gerne auch mit Kunst überlagern darf, wie zum Beispiel in der Mnemosyne Schau des Berliner Haus der Kulturen der Welt, die den gesamten Bildatlas von Aby Warburg real ausgestellt und virtuell begehbar gemacht hat.
Wie würdet ihr euren Einrichtungsstil beschreiben?
Unwienerisch, aber mit lokalen Details. Viel Schwarz-Weiß, möglichst multifunktionale Möbel, die wir zum großen Teil selbst entworfen haben, wie aktuell unser Musikkabinett Ponti, das die Oberfläche eines mid-century Möbels von Gio Ponti mit aktuellen Kunststeinfurnier zitiert. Entspannt Musikhören kann man bei uns in der klassichen Corbusierliege.
Zentral ist unser Ateliertisch, eine große mobile Doppelplatte mit zwei Fächern für Papier, die unser Tischler gebaut hat. Er ist der Ort für Entwurf, unser Videoschnittplatz und gleichzeitig die große Tafel, wenn wir Besuch haben. Dekoriert wir bei uns nicht, aktuelle Produktionen nehmen immer wieder viel Raum im Atelier ein und wir genießen die visuelle Ruhe, wenn sie abgeschlossen sind. Aber wir haben gerne frische Blumen in der großen Alphaschale und Süßigkeiten in unserem Glas Poculum, beides von J. & L. Lobmeyr, und sehr bunte italienische Bettwäsche.
Linzer Torte, Möbelobjekt, 2014 © Hanakam & Schuller
Welche Antiquität, welches Designobjekt oder welches Kunstwerk würdet ihr gerne besitzen? Wie würdet ihr dieses präsentieren?
Da gibt es einiges, wir können uns gar nicht für eines entscheiden. Ein barocker Kabinettschrank wäre so ein Sehnsuchtsobjekt, und eine Porzellanfigurine von Frankenthal, die würde auf einem unserer eigenen Torten—Tischobjekte Platz finden. Früher oder später wird hoffentlich eine Wittmann Party Lounge von Friedrich Kiesler im Wohnatelier Einzug halten. Und eher früher noch ein Keramikobjekt von Onka Allmayer—Beck, für Obst und Gemüse.
La Tarte Esterhazy, Möbelojekt, Serienunikat, 2012-ongoing / Harlekin mit Halbmaske und Wurst, Acryltusche auf Kodak Endura, 2021 © Hanakam & Schuller
Könnt ihr uns Tipps für Kunst und Kultur in Coronazeiten verraten (Events, Bücher, Podcasts, Apps, Spaziergänge etc.)?
Ganz klassisch, und wie auch bei Regentagen, wird bei uns analog gelesen und stationär Computer gespielt. Aktuell „Erinnerungsräume“, ein fantastisch informiertes Buch über die Speicherfunktion von Raum und Architektur von Aleida Assmann und "Crusader Kings III“, ein im fitktiven Mittelalter angesiedeltes Strategiespiel.
Woran arbeitet ihr gerade? Möchtet ihr uns einen kurzen Einblick in ein aktuelles oder ein zukünftiges Projekt geben?
Wir sind in der glücklichen Situation jetzt schon beruflich zu reisen und konnten gerade Dreharbeiten im Schwarzwald für unseren neuen Film abschließen. Es ist eine kommissionierte Arbeit für die neue Biennale für Freiburg, die das erste Mal heuer im September und Oktober in Freiburg im Breigau stattfinden wird. Wir waren sowohl mit neuen Objekten in der Natur unterwegs, wie auch in einer historischen Sanatoriumsarchitektur in St. Blasien, mit einem einzigartigen, denkmalgeschütztem Marmor—Interieur aus den 1930er Jahren mit eingelegten Wandgemälden von Adolf Hildenbrand.
Vielen Dank für das Interview!
Kontakt:
https://www.hanakam-schuller.com/ https://www.galerie-krinzinger.at/ Instagram @rosieschuller
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